Der Kampf für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal
Mumia ist unschuldig!
Entlarvung eines Komplotts
Dezember 2006
Einleitung • Erfolgreiche PDC-Versammlungen im Oktober 2006 • Rede von Rachel Wolkenstein • Aus der Todeszelle: Hier spricht Mumia Abu-Jamal • Eidesstattliche Erklärung von Rachel Wolkenstein • Eidesstattliche Erklärung von Arnold R. Beverly • Erklärung von Mumia Abu-Jamal • Erklärung von William Cook • Eidesstattliche Erklärung von Donald Hersing • Erklärung von Linn Washington • Eidesstattliche Erklärung von Terri Maurer-Carter • Erklärung von Yvette Williams • Erklärung von Kenneth Pate • Wir fordern die sofortige Freiheit von Mumia Abu-Jamal
Eidesstattliche Erklärung von Donald Hersing
10. Mai 1999
Donald Hersing macht hiermit nach ordnungsgemäßer Vereidigung folgende Aussage und erklärt:
1. Mein Name ist Donald Hersing. Von Mai 1981 bis November 1982 arbeitete ich als vertrauliche Informationsquelle (confidential source of information, CSI) für die amerikanische Bundespolizei FBI, und zwar im Rahmen einer Ermittlung in Bezug auf die Polizeibehörde von Philadelphia, Pennsylvania. Dabei ging es unter anderem um den Vorwurf der Erpressung von Schmiergeldern durch die Polizei, mit denen die Duldung von Prostitution und anderen Unterweltaktivitäten im Gebiet des Stadtzentrums von Philadelphia erkauft werden sollte.
2. Im Februar 1983 erhob eine Federal Grand Jury, weitgehend aufgrund meiner Zeugenaussagen als Resultat meiner Arbeit als CSI, Anklage gegen den Inspektor der Central Division John DeBenedetto und sechs weitere ehemalige Polizeibeamte. Gegen John Smith, Abe Schwartz, Vincent McBride und Larry Molloy wurde der Vorwurf der Verschwörung, der Bestechung und der Erpressung von Geld sowie anderer Zuwendungen zum Zweck des Schutzes von Prostitution und sonstiger Unterweltaktivitäten erhoben. Der ehemalige Inspektor im Polizeihauptquartier und Leiter der Mordkommission, James Carlini, wurde als nicht angeklagter Mitverschwörer benannt. Im Mai 1983 wurden die fünf angeklagten Männer vor Gericht gestellt, und ich war der Hauptbelastungszeuge gegen sie. Alle fünf wurden verurteilt. Die Ermittlung, an der ich teilnahm, führte zu weiteren, zusätzlichen Korruptionsanklagen und zur Verurteilung von etwa zwei Dutzend weiteren Beamten der Polizei von Philadelphia, darunter der ehemalige stellvertretende Polizeipräsident John Martin und der ehemalige Inspektor Alphonso Giordano, wegen Korruption während der frühen 80er-Jahre.
3. Bevor ich das FBI bei seiner Ermittlung wegen Polizeikorruption in Philadelphia unterstützte, hatte ich als Privatdetektiv gearbeitet, und ich hatte als Ermittler und verdeckte Informationsquelle für Strafverfolgungsbehörden in anderen Gegenden gearbeitet, und in Bezug auf andere Angelegenheiten. Ich arbeitete auch mit hoch entwickeltem Polizeigerät und kannte mich sehr gut mit hoch entwickelten Abhörausrüstungen und elektronischen Gegenmaßnahmen (Entwanzung) aus. Ich habe viele Jahre lang hoch entwickelte Abhör- und Antiabhörausrüstungen an Regierungen in der Karibik und in Lateinamerika verkauft.
4. In der Zeitspanne von 1981 bis 1982 war ich zusammen mit dem FBI mit dem Betrieb von Modell-Studios in der Vine Street 1245 und der Walnut Street 2209 in Philadelphia befasst, die in Wirklichkeit Bordelle waren. Ich war außerdem am Betrieb eines Nachtclubs namens Morning Glory in der Vine Street 1437 in Philadelphia beteiligt. Im Lauf der Ermittlung installierte das FBI Kameras außerhalb des Morning Glory, um sämtliche Personen, die den Club betraten, aufzunehmen. Die Polizei der Central Division, darunter Inspektor DeBenedetto, sein Lieutenant John Smith, Beamte der Sittenpolizei sowie uniformierte Beamte erhielten Geldzahlungen und andere Zuwendungen von mir, diese Aktivitäten und Geschäfte zu schützen. Die Beamten der Central Division verlangten und erhielten auch kostenlose sexuelle Dienstleistungen von den Prostituierten. Es war mir bekannt, dass die Polizei der Central Division im gesamten Stadtzentrum von Prostituierten, Zuhältern und Besitzern von heterosexuellen und homosexuellen Clubs und Bars ähnliche Bestechungsgelder eintrieben und ähnliche Zuwendungen erhielten.
5. Im Mai 1981 bot ich dem FBI meine Dienste als CSI im Hinblick auf Bestechungszahlungen an die Polizeimitarbeiter von Philadelphia an. Ich begann, unter Leitung des Bezirksstaatsanwalts als CSI des FBI zu arbeiten. Im Zuge meiner Arbeit für das FBI von Juni 1981 bis Juli 1982 gab ich Geldzahlungen und andere Zuwendungen an diverse Polizeibeamte in Philadelphia, um für die Prostitutions- und anderen Unterweltaktivitäten in den von mir betriebenen Studios und Nachtclubs Schutz zu erkaufen. In Zusammenarbeit mit mir machte das FBI Tonband- und Videoaufzeichnungen von Gesprächen zwischen mir und korrupten Polizeibeamten, in denen meine Geldübergaben an die korrupten Polizeibeamten festgehalten wurden. Ich lieferte außerdem auch Informantenmaterial und wurde häufig und regelmäßig von FBI-Agenten hinsichtlich sämtlicher Aspekte meiner Kontakte und Gespräche mit Polizeiangehörigen in Philadelphia befragt. Dabei erstattete ich hauptsächlich den FBI-Agenten Mike Thompson und Andy Lash Bericht. Es arbeiteten auch noch weitere FBI-Agenten an dem Fall, darunter George Sherwood.
6. Während dieser Zeit erhielt ich ferner Kenntnis davon, dass es zusätzlich zu der Ermittlung, an der ich beteiligt war, mindestens noch zwei weitere laufende Ermittlungen gegen Polizeibeamte in Philadelphia gab, von denen sich eine auf die Erpressung von Schmiergeldern von homosexuellen Schwulen-Bars im Gebiet von Philadelphias Stadtzentrum konzentrierte. Die andere Ermittlung richtete sich gegen die polizeiliche Erpressung von Geldern aus dem Betrieb von Video-Glücksspielautomaten in Bars und Clubs.
7. Inspektor John DeBenedetto trat sein Amt als leitender Beamter der Central Division der Polizei von Philadelphia um den 1. Juni 1981 herum an. Ich traf DeBenedetto zuerst im August 1981. Bei diesem Treffen erzählte DeBenedetto mir persönlich, er habe, als er die Central Division im Juni übernahm, seine Beamten versammelt und sie darüber informiert, dass von diesem Zeitpunkt an sämtliche Bestechungsgelder direkt an ihn (DeBenedetto) zu leiten seien, woraufhin er an jeden Angehörigen der Sittenpolizei eine bestimmte Geldsumme, nämlich etwa $ 50, zurückgeben würde. Während dieser Unterhaltung fragte DeBenedetto mich, ob ich irgendwelche Zahlungen an einen seiner Beamten getätigt habe. Als ich ihm mitteilte, ich hätte $ 500 im Monat an einen Angehörigen der Sittenpolizei, George Woods, gezahlt, wurde DeBenedetto wütend, weil Woods dieses Geld nicht bei ihm (DeBenedetto) abgeliefert habe, und DeBenedetto sagte, er werde sich um Woods kümmern, weil dieser unloyal gewesen sei. Einige Tage später erzählte DeBenedetto mir, er habe Woods zum Status eines uniformierten Beamten degradiert und ihn in einen anderen Bezirk versetzt. Im Laufe des Herbstes 1981 und des Frühjahrs 1982 leistete ich weiterhin meine Zahlungen an DeBenedetto auf dem Weg über seinen Lieutenant John Smith. Die Zahlungen wurden am 27. Juli 1982 eingestellt, als Lieutenant Smith zu mir in meine Wohnung kam und mir mitteilte, die Polizisten würden in Zukunft keine Geschäfte mehr mit mir machen.
8. Ich wurde DeBenedetto von einem Beamten namens Abe Schwartz und durch den Inspektor des Hauptquartiers und Leiter der Mordkommission (und anderer Abteilungen) James Carlini vorgestellt. Ich hatte Schwartz unabhängig von der FBI-Ermittlung kennen gelernt, durch meinen eigenen Buchhalter. Ich habe mich mit Schwartz angefreundet und ihm Gefälligkeiten verschiedener Art zukommen lassen, und ich hatte den Manager meines Modell-Studios in der Vine Street mit der Veranstaltung einer Privatparty mit Prostituierten für Schwartz und seine Freunde, darunter auch Carlini, beauftragt. Es war Inspektor Carlini, der bei DeBenedetto für mich bürgte und mir dabei half, zu ihm eine Verbindung herzustellen.
9. Im Laufe des Betriebes meines Geschäftes und meiner direkten Kontakte mit Inspektor DeBenedetto erfuhr ich, dass auch die einzelnen Straßenprostituierten von der Polizei abgeschöpft und kontrolliert wurden, die Geld, sexuelle Dienstleistungen sowie Informationen von ihnen verlangte, wobei die Prostituierten als Gegenleistung bei ihrer Arbeit auf der Straße weniger oft festgenommen wurden. Ich hörte von einer Prostituierten namens Cynthia White, bekannt unter dem Namen Lucky, die auf der Straße arbeitete und außerdem ein Konkurrenzstudio frequentierte, das von einer Frau namens Tracy betrieben wurde.
10. Vor meinem Treffen mit DeBenedetto hatte ich im Laufe des Sommers 1981 Zahlungen von $ 500 oder mehr pro Monat an einen Beamten der Sittenpolizei der Central Division namens George Woods geleistet. Trotz meiner Zahlungen an George Woods verlangte dieser, dass ich Beamten der Sitte erlaubte, gelegentlich Festnahmen vorzunehmen, um den Anschein der Strafverfolgung aufrechtzuerhalten. Woods würde mich dann im Voraus warnen, wenn solche Festnahmen anstanden. Ich müsste ihm dann eine Prostituierte zur Festnahme anbieten. Woods verlangte außerdem die Zahlung von $ 75 für die Beschleunigung der Personalienaufnahme der Prostituierten; er sagte mir, er werde dieses Geld zur Bestechung des aufnehmenden Beamten und der Gerichtsmitarbeiter verwenden, um den Vorgang zu beschleunigen und so die Zeit, die die Prostituierte im Gefängnis verbrachte, abzukürzen.
11. Obwohl die Staatsanwälte in Philadelphia Prostituierte nur selten ernstlich verfolgten, stellte die bloße Tatsache der Festnahme und Personalienaufnahme eine ernste Schikanierung für die Prostituierte dar, weil sie ihren Möglichkeiten zum Geldverdienen einschränkte, da sie eine Weile lang keine Gelegenheit dazu hatte. Ich leistete Zahlungen an die Polizei, um den Prozess der Personalienaufnahme zu beschleunigen. Während die Besitzer der Bordelle Schutzgeldzahlungen in Bar machten, erwartete man von den einzelnen Mädchen nicht nur Sex, sondern auch Informationen über bestimmte Personen. Wenn einzelne Mädchen dem nicht nachkamen, steckte man sie ins Gefängnis. Diese Frauen mussten zahlen, und wenn die Polizei für einen bestimmten Club ein Menschenopfer brauchte, bekamen sie ein Menschenopfer.
12. Zusätzlich zu diesen regelmäßigen Zahlungen an hochrangige Beamte der Central Division und die Beamten von der Sitte leisteten wir auch Zahlungen von $ 75 pro Woche an uniformierte Beamte der Central Division, damit sie das Morning Glory weiterhin nach 3 Uhr morgens Alkohol ausschenken ließen der Sperrzeit für den Ausschank von Alkohol nach dem Gesetz des Bundesstaats. Uniformierte Beamte führten routinemäßige Clubüberprüfungen beim Morning Glory und anderen Nachtclubs durch, bei denen sie zählten, wie viele Besucher die Clubs hatten. Der Zweck, den sie mit dem Sammeln dieser Informationen verfolgten, bestand darin, festzustellen, wie viel Bestechungsgeld sie verlangen sollten. Die Beamten parkten auch oft vor meinem Modell-Studio in der Vine Street, um die Zahl der Kunden festzustellen, die den Club betraten, um so festzustellen, ob das Geschäft gut oder schlecht lief. Manchmal, wenn ich gegenüber DeBenedetto und anderen Beamten der Central Division klagte, mein Geschäft laufe schlecht, teilten sie mir mit, sie wüssten, dass das nicht stimmte, da sie meine Betriebe überwachten.
13. Während meiner ganzen Arbeit als CSI brachten die Polizisten, die Bestechungsgelder erhielten, ihre Sorge über mögliche Telefonüberwachung und Observierung ihrer Aktivitäten durch das FBI zum Ausdruck. Es war klar, dass sie den Verdacht hatten, dass das FBI Ermittlungen durchführte. Die Polizeibeamten zögerten manchmal, in eigener Person meine Wohnung zu betreten oder die Bestechungsgelder und damit zusammenhängende Angelegenheiten dort zu besprechen, und sie bestanden oft darauf, sich in Restaurants oder in ihren eigenen Wagen mit mir zu treffen, um ihre Aktivitäten zu verbergen. Einmal während eines Treffens mit George Woods im Juni 1981 erwähnte ich, ich sei in einer Bar namens Waiting Room gewesen, und Woods wurde sehr aufgeregt und erzählte mir, die Feds [FBI-Agenten] hätten das Waiting Room mit Abhörgerät so verdammt voll gestopft, dass es nicht mehr lustig ist. Woods forderte mich auf, mich von dieser Bar fernzuhalten. Die Polizei beschuldigte mich oft, herumzuerzählen, dass sie Bestechungsgelder und andere Zuwendungen erhielten. Im März 1982 beschuldigte mich DeBenedetto, ich hätte seinen Namen in drei Bars der Stadt erwähnt und stellte fest, ich wäre eine Plaudertasche. Im Laufe derselben Diskussion teilte er mir mit, er werde mir keine Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen. Bei mehreren Gelegenheiten, bei denen das FBI mich bat, bei Treffen mit Polizisten von der Central Division ein Aufzeichnungsgerät (ein Mikro) zu tragen, tat ich dies nicht, weil ich befürchtete, man würde mich durchsuchen. Und in der Tat wurde ich bei einer Gelegenheit im März 1982 vor einem Treffen mit Lieutenant John Smith von dem Sitte-Beamten Larry Molloy durchsucht. Ebenfalls anwesend bei diesem Treffen waren John Smith und DeBenedetto, und ich wurde vor diesem Treffen im März 1982 körperlich durchsucht. Mir war klar, dass ich in ernsthafter physischer Gefahr wäre und vielleicht sogar getötet würde, wenn meine Rolle als CSI des FBI offenbar würde.
14. Anfang Dezember 1981 instruierten die FBI-Agenten mich, meine monatlichen Zahlungen an die Central Division der Polizei einzustellen. Sie wollten die Ermittlungen intensivieren, um mehr Beweismaterial zu bekommen, das John DeBenedetto direkt mit der Korruption in Verbindung brachte, und waren frustriert darüber, dass DeBenedetto einen Mittelsmann, Lieutenant John Smith, benutzte, um die Zahlungen einzusammeln. Die Agenten dachten, wenn ich die Zahlungen einstellte, würde das DeBenedetto dazu verleiten, direkt an mich heranzutreten und sich so selbst zu belasten. Ich war außerdem verärgert darüber, dass das Moral-Dezernat trotz meiner Zahlungen tatsächlich Festnahmen in meinem Studio durchgeführt hatte.
15. Etwa am 13. Januar 1982 teilte mir Abe Schwartz mit, die Probleme mit den Festnahmen in jüngster Zeit hätten sich aus einem Mord ergeben, der kürzlich im Stadtzentrum stattgefunden habe. Um den 29. Januar 1982 herum teilte Schwartz mir mit, er sei besorgt darüber, dass das FBI öffentliche Telefone anzapfe (mit Abhörgeräten überwache). Er erzählte mir, die Polizei habe zwei FBI-Agenten in der Nähe der 19. Straße und der Market Street gesichtet. Schwartz erzählte mir, dass alle besorgt seien über die Bundesbeamten und ihre Ermittlungen.
16. Schwartz bat mich, ihm dabei zu helfen, einen Hausputz (eine Gegenmaßnahme bzw. eine Inspektion zur Entwanzung) bei der East Division vorzunehmen, um die Wanzen zu beseitigen. Ich ging zum Hauptquartier der East Division, und während ich dort war, sah ich einen Polizeibeamten namens Alphonso Giordano. Ich kannte Giordano persönlich, weil er oft in den Nachtclub Morning Glory kam. Er war Teil einer Gruppe von Polizeibeamten, die durch und durch schmutzig waren die in Korruption verwickelt waren. Als Giordano mich bei der East Division sah, wurde er wütend und sagte Schwartz, er (Schwartz) hätte mich nicht herbringen sollen, da er (ich) wahrscheinlich für das verdammte FBI arbeitet.
17. Ich nahm meine Zahlungen an die Polizei im Frühling 1982 nach einem Treffen mit DeBenedetto wieder auf, bei dem er äußerst belastende Äußerungen machte, die die FBI-Agenten und ich auf Band aufnahmen. Im Juli 1982 teilte Lieutenant John Smith mir mit, die Polizei wolle in Zukunft keine Geschäfte mehr mit mir machen, und ich stellte meine Zahlungen ein.
18. Während des ganzen Zeitraums erstattete ich den FBI-Agenten, die die Ermittlungen leiteten, über meine Gespräche und Aktivitäten mit den Polizeibeamten in Philadelphia Bericht.
(gezeichnet)
DONALD HERSING