PRESSEERKLÄRUNG

27. März 2008

Komitee für soziale Verteidigung  KfsV

Verteidigung von Fällen und Anliegen im Gesamtinteresse der arbeitenden Massen

KfsV: Werner Brand, Tel. 030 443 94 01, Kfsv@online.de

www.partisandefense.org

Drittes US-Bundesberufungsgericht hält abgekartetes Urteil gegen Mumia Abu-Jamal aufrecht und verordnet Anhörung zur Wiedereinsetzung der Todesstrafe oder lebenslanger Einkerkerung

Freiheit für Mumia, jetzt!

Die folgende Presseerklärung wurde am 27. März vom Partisan Defense Committee (PDC – US-Schwesterorganisation des KfsV) veröffentlicht. Übersetzung vom 28. März 2008.

Notfallproteste, am 28. März in Städten der USA, international am 28. und 29. März: Freiheit für Mumia Abu-Jamal, jetzt! Kontaktiert das PDC für Informationen vor Ort oder schaut auf www.partisandefense.org.

Das Dritte Bundesberufungsgericht der USA hat heute entschieden, das abgekartete Urteil gegen Mumia Abu-Jamal für die Ermordung des Polizisten Daniel Faulkner in Philadelphia 1981 aufrechtzuerhalten. Die Gerichtsentscheidung bedeutet, dass Mumia entweder die Hinrichtung droht oder dass er lebendig im Gefängnis begraben werden soll. Das Gericht hielt die Entscheidung des Bundesbezirksrichters William Yohn von 2001 aufrecht, mit der Mumias Todesstrafe aufgehoben wurde. Gleichzeitig entschied das Gericht, dass entweder eine neue Anhörung über das Strafmaß stattfindet, wo die Todesstrafe wiedereingesetzt werden könnte, oder dass Mumia automatisch zu lebenslanger Haft verurteilt wird. Es ist wahrscheinlich, dass beide Seiten gegen die Entscheidung in Berufung gehen.

Rachel Wolkenstein, Anwältin des Partisan Defense Committee, erklärte heute: „Die Entscheidung des Gerichts ist ein Schlag ins Gesicht für jeden Gegner rassistischer Ungerechtigkeit. Diese Entscheidung zeigt, dass von den kapitalistischen Gerichten keine Gerechtigkeit zu erwarten ist. Sie zeigt erneut, dass die Bullen, Staatsanwälte und Gerichte – mit Unterstützung kapitalistischer Politiker, sowohl Demokraten als auch Republikanern – entschlossen sind, den legalen Lynchmord an Mumia auszuführen oder ihn lebenslang im Gefängnis zu begraben. Das dürfen wir nicht geschehen lassen! Mumia muss freikommen, sofort!“

Wolkenstein ergänzte: „Nachdem es Beweise für Mumias Unschuld abgeblockt hat, gibt das Gericht in seiner heutigen Entscheidung die seit langem diskreditierte Lüge der Staatsanwaltschaft, Mumia habe den Polizisten Faulkner getötet, als Tatsache aus. Jede einzelne Stütze der staatsanwaltlichen Anklage gegen Mumia ist wieder und wieder als Fälschung entlarvt worden, von Mumias angeblichem ,Geständnis‘ in der Nacht der Tötung, über die Zeugen der Staatsanwaltschaft, die zu Falschaussagen gezwungen wurden, bis zur angeblichen Mordwaffe, die nicht einmal darauf überprüft wurde, ob sie abgefeuert worden war.

Es gibt einen Berg von Beweisen dafür, dass Mumia das Opfer eines rassistischen politischen Komplotts ist. Jedes Beweisstück in dem Fall, von den forensischen über die ballistischen bis zu den Augenzeugen, beweist, dass Mumia unschuldig ist. Dazu gehört die eidesstattliche Erklärung von Arnold Beverly, in der er gesteht, dass er, nicht Mumia, den Polizisten Faulkner erschossen hat. Das Beverly-Beweismaterial wurde 2001 beim US-Bundesgerichtshof und beim Staatsgerichtshof eingereicht, aber sie weigerten sich, es in Betracht zu ziehen. Das Partisan Defense Committee hat kürzlich ein Faktenblatt herausgegeben – Murdered by Mumia: Grosse Lüge im Dienste des staatlichen Lynchmords [vom KfsV übersetzt] –, in dem die Beweise für Mumias Unschuld genau aufgeführt werden.“ Das Faktenblatt ist erhältlich unter: www.partisandefense.org.

Wolkenstein betonte: „Der wirkliche Grund, weshalb Mumia schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt wurde, war sein lebenslanger Einsatz für den Kampf für die Freiheit der Schwarzen seit seinem 14. Lebensjahr. Die rassistischen Herrschenden sehen in Mumia das Gespenst der Rebellion der Schwarzen. Die Bullen von Philadelphia und das FBI veranstalteten gegen ihn eine Hetzjagd, seit er als 15-Jähriger ein Sprecher der Black Panther Party war. Dieser Rachefeldzug ging weiter, als er ein wortgewandter Journalist wurde, bekannt als die ,Stimme der Entrechteten‘ und ein Unterstützer der Organisation MOVE, die ebenfalls im Fadenkreuz der Polizei Philadelphias stand. Mit ihren wiederholten Entscheidungen, Mumias Verurteilung aufrechtzuerhalten, haben die Gerichte sich über einen Präzedenzfall nach dem anderen hinweggesetzt, darunter die Batson-Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von 1986, wonach Staatsanwälte nicht Geschworene aufgrund von Rasse ausschließen dürfen.

Mumia hätte niemals verhaftet oder angeklagt werden dürfen oder nur eine Minute im Gefängnis verbringen müssen. Im berüchtigten Dred-Scott-Fall von 1857, der die Sklaverei rechtfertigte, erklärte der Oberste Gerichtshof, dass ein Schwarzer keine Rechte habe, die der Weiße respektieren müsse. Der kapitalistische Staat und seine Gerichte haben klargemacht, dass Mumia keine Rechte hat, die die Gerichte respektieren müssen.“

Pam Africa, Führerin der International Concerned Family and Friends of Mumia Abu-Jamal, sagte dem PDC: „Im Namen der Bewegung und von Mumia meine ich, es sollte den Leuten klar sein, dass Mumia niemals in den Gerichten eine faire Anhörung bekommen wird. Vom ersten Tag an haben wir gefordert, Mumia sofort freizulassen! Das beruht auf den Beweisen für Mumias Unschuld, die sich immer weiter anhäufen, und die die ganze Welt kennt. Mumia will aus dem Gefängnis entlassen werden, er will nicht den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen. Tut für Mumia, was er für uns getan hat. Steht auf!“

In Bezug auf die heutige Entscheidung bemerkte Wolkenstein: „Das Gericht wies die überwältigenden Beweise für die rassistische Manipulation der Geschworenenauswahl zurück, die Mumias Prozess 1982 kennzeichnete, wo die Staatsanwaltschaft elf ihrer 15 Möglichkeiten nutzte, einen Geschworenen ohne Angabe von Gründen abzulehnen, um schwarze Geschworene loszuwerden. Schwarze von der Geschworenenbank auszuschließen war so üblich beim Amt des Bezirksstaatsanwalts von Philadelphia, dass sie 1987 sogar ein Schulungsvideo produzierten, um Staatsanwälte in dieser Vorgehensweise zu unterrichten.“

In Antwort auf das Argument der Richtermehrheit, dass das „Schulungsvideo“ des Bezirksstaatsanwalts belanglos war, weil es fünf Jahre nach Mumias Prozess hergestellt wurde, erklärte Richter Thomas L. Ambro, der einzige abweichende Richter: „Es fällt mir schwer, zu glauben, dass die Kultur im Amt des Bezirksstaatsanwalts von Philadelphia fünf Jahre, bevor das Video produziert wurde, irgendwie besser war.“ Ambro plädierte dafür, dass Mumia eine neue Anhörung vor einem Bundesbezirksgericht bekommen sollte, wo die Staatsanwaltschaft ihren Ausschluss von schwarzen Geschworenen rechtfertigen müsste. Er bemerkte: „Dies war ein rassisch belasteter Fall.“

Mehr als 900 Einzelpersonen und Organisationen, darunter Gewerkschaften, die Hunderttausende von Arbeitern repräsentieren, haben eine PDC-Erklärung mit dem Titel „Wir fordern die sofortige Freiheit von Mumia Abu-Jamal – Mumia ist unschuldig!“ unterzeichnet, die auch die Abschaffung der Todesstrafe fordert. Zu den Unterzeichnern gehören die Maritime Union of Australia, Verbände Sydney und Victoria [Gewerkschaft der Hafenarbeiter und Seeleute], die National Union of Mineworkers [Bergarbeiter] in Johannesburg, Südafrika, die Ortsgruppe 1199 der SEIU [Dienstleistungsarbeiter] in New York City und die Ortsgruppe 1422 der International Longshoremen’s Association [Hafenarbeiter] in Charleston, South Carolina. In Reaktion auf die heutige Entscheidung sagte Sadie Sanders, Vorsitzende für politische Aktion bei der New Yorker Vertretung der Coalition of Black Trade Unionists [Vereinigung schwarzer Gewerkschafter]: „Wir alle sollten über diese Entscheidung empört sein“ und sie bemerkte, dass ihre Organisation „alles tun wird, was sie kann“, um Mumia freizubekommen.

Der Gewerkschaftskoordinator des PDC, Gene Herson, erklärte: „Es ist notwendig, Worte in Arbeiteraktionen im Kampf für Mumias Freiheit umzusetzen. Wir unterstützen die Ausnutzung aller rechtlichen Mittel, aber wir haben keine Illusionen in das kapitalistische Gerichtssystem. Es war internationaler Massenprotest, unter entscheidender Beteiligung von Gewerkschaftern, der im August 1995 dem Henker in den Arm fiel, nachdem ein Hinrichtungsbefehl gegen Mumia unterzeichnet war. Die multirassische Arbeiterbewegung muss unabhängig von den Kräften des kapitalistischen Staates mobilisiert werden.

Die heutige Entscheidung macht es umso dringender, Massenproteste für Mumias Freiheit wieder anzufachen, auf der Grundlage, dass er unschuldig ist, und seinen Kampf mit dem Kampf für die Abschaffung der rassistischen Todesstrafe zu verbinden.“ Herson fügte hinzu: „Mumias Freiheit wird nicht gewonnen werden durch Vertrauen in das manipulierte ,Rechts‘system oder in kapitalistische Politiker, einschließlich Hillary Clinton und Barack Obama, die beide die Todesstrafe befürworten. Die Macht, die das Ruder herumreißen kann, ist die Macht von Millionen – arbeitende Menschen, antirassistische Jugendliche, Gegner der Todesstrafe – vereint im Kampf für die Forderung nach Mumias Freiheit.“

Herson stellte die Klassenkampf-Perspektive des PDC in Kontrast zu „jenen Gruppen, die sich darauf konzentriert haben, einen neuen Prozess für Mumia zu fordern. Diese Forderung bedeutet, sich auf dieselben rassistischen Gerichte zu verlassen, die Mumias abgekartete Verurteilung auf jeder Ebene aufrecht erhalten haben. Sie bedeutet Illusionen, dass Mumia von dem selben Staat Gerechtigkeit bekommen kann, der im Rahmen der COINTELPRO-Kampagne des FBI 38 Black Panther ermordete, und der mit der Bombardierung von MOVE 1985 elf schwarze Menschen massakrierte, einschließlich Frauen und Kinder. Es ist kaum ein Zufall, dass diese Entscheidung gerade vor der für April angesetzten Anhörung über die Bewährung für die acht überlebenden Mitglieder der MOVE 9 fiel, die 30 Jahre im Gefängnis verbracht haben.“ Die MOVE 9 wurden abgekartet verurteilt aufgrund von Verschwörungs- und Mordanklagen im Zusammenhang mit der Tötung des Polizisten James Ramp in Philadelphia. Dieser starb durch das eigene Kreuzfeuer der Polizei während des mörderischen Angriffs auf das MOVE-Haus in Powelton Village, Philadelphia, im August 1978. Freiheit für die MOVE-Gefangenen, sofort!

Tom Cowperthwaite von der Labor Black League for Social Defense erklärte: „Die Rassisten in schwarzen Roben haben gesprochen. Die Zeit ist überreif, dass sich das Tribunal der Massen Gehör verschafft.“ Mit Hinweis auf den Nahverkehrsstreik in New York City vom Dezember 2005, der das Weltfinanzzentrum für drei Tage lahmlegte, fügte Cowperthwaite, Mitglied der Ortsgruppe 100 der Transport Workers Union [Nahverkehrsgewerkschaft] hinzu: „Das ist genau die Macht, die wir mobilisieren müssen, um Mumia und alle Gefangenen des Klassenkampfs zu befreien. An jedem Arbeitsplatz sollten die Worte ,Streik!‘ und ,Freiheit für Mumia!‘ im selben Atemzug ertönen. Mobilisiert die Macht der Arbeiterbewegung für Mumias Freiheit, jetzt! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!“

Demonstrationen werden in folgenden Städten stattfinden:

Deutschland:
Berlin – 28. März, 18 Uhr.  Nähe US-Botschaft, (Unter den Linden/Neustädtische Kirchstr.)
Kontakt: E-Mail: kfsv@online.de    Telefon: (0 30) 4 43 94 01
Hamburg– 29. März, 12 Uhr, gegenüber dem US-Generalkonsulat, (Alsterufer 27/28)
Kontakt:  E-Mail: kfsv-hamburg@web.de    Telefon: (0 40) 32 36 44

England:
London – Freitag, 28. März: 17 Uhr
US-Botschaft, Grosvenor Square, W1, (Nächste U-Bahn: Bond Street).
Für mehr Informationen, kontaktiert das Partisan Defence Committee:
partisandefence@yahoo.co.uk, 020 7281 5504, Partisan Defence Committee, BCM Box 4986, London WC1N 3XX

Frankreich:
Paris – Samstag, 29. März, 14 Uhr, gegenüber dem US-Konsulat, Place de la Concorde.
CDDS Tel.: 01 42 08 01 49, E-Mail: cdds-France@hotmail.fr

USA:
Bay Area – Freitag, 28. März: 16:30-18:30, 14th und Broadway, Oakland, Nähe Federal Building
Mehr Infos: (510) 839-0852, pdcbayarea@sbcglobal.net
Chicago – Freitag, 28. März: 16:30, Kluczynski Federal Building, nordöstliche Ecke von Jackson und Dearborn. Mehr Infos: (312) 563-0442, chicagopdc@sbcglobal.net
Los Angeles – Freitag, 28. März: 17 Uhr, U.S. Federal Courthouse, 312 N. Spring St.
Mehr Infos: (213) 380-8897, pdc-la@sbcglobal.net
New York – Freitag, 28. März: 17-19 Uhr, Federal Building, Broadway zwischen Worth und Duane Sts.
Mehr Infos: (212) 406-4252, partisandefense@earthlink.net

Australien:
Sydney – Samstag, 29. März: 12 Uhr mittags beim US-Konsulat, Ecke Martin Place & Castlereagh Street
Mehr Infos: (02) 9281 2181    pdc.sydney@exemail.com.au

Kanada:
Toronto – Freitag, 28. März: 18 Uhr, 360 University Ave., gegenüber dem US-Konsulat zwischen Dundas (Bahnhof St. Patrick) und Queen (Bahnhof Osgoode). Mehr Infos: (416) 593-4138    pdctoronto@bellnet.ca

Vancouver – Freitag, 28. März: 12 Uhr mittags, UBC Student Union Building, South Plaza.
Mehr Infos: (604) 687-0353, trotskyist_vancouver@shawcable.com

Mexiko:
Ciudad de México – Freitag, 28. März: 17:00 Uhr, am Haupteingang der Philosophischen und Geisteswissenschaftlichen Fakultät CU, UNAM. Richtet Eure Korrespondenz an: Román Burgos, Apdo. Postal 302, Admón. Postal 13, CP 03501, México D.F., je_contacto@yahoo.com.mx

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Das KfsV ist eine klassenkämpferische, nichtsektiererische Organisation zur rechtlichen und sozialen Verteidigung, die sich für die Fälle und Anliegen einsetzt, die im Interesse der Gesamtheit der arbeitenden Menschen sind. Dieser Zweck entspricht den politischen Ansichten der Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands.